Die Initiative
Bullied Into Bad Science ist eine Initiative von NachwuchswissenschaftlerInnen mit dem Ziel den Umgang in der Wissenschaft fairer, offener, und ethischer zu machen. Wir, die Initiatoren, sind Postdoktoranden und ein Juniorprofessor an der Universität Cambridge. Wir sind davon überzeugt, dass ein fundamentaler Wandel in der Publikationslandschaft nötig ist, um die akademische Qualität wissenschaftlicher Ergebnisse zu verbessern und Transparenz, Wiederholbarkeit, und Aktualität zu garantieren (siehe Young et al. 2016, Smaldino & McElreath 2016).
Wir haben Massnahmen identifiziert, die Institutionen und Verantwortliche umsetzen können, um NachwuchswissenschaftlerInnen besser zu unterstützen (siehe unten). Diese Massnahmen sind notwendig damit NachwuchswissenschaftlerInnen wie wir dort publizieren können, wo Ergebnisse frei zugänglich sind und wo Geldmittel innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft bleiben (Logan 2017). Derzeit werden viele NachwuchswissenschaftlerInnen durch Drohungen, dass sie ansonsten keine Position oder Fördermittel erhalten werden, gegen ihre Prinzipien dazu gedrängt, Ergebnisse nur in ausgewählten Zeitschriften zu veröffentlichen (, Who is going to make change happen?, Kent 2016). Diese Zeitschriften sind in der Regel etabliert, haben eine Druckausgabe, einen hohen Impaktfaktor, und sind generell nicht offen zugänglich. Diese veralteten Praktiken und Vorstellungen blockieren NachwuchswissenschaftlerInnen wie uns: Studien zeigen, dass Ergebnisse die öffentlich publiziert werden zu höheren Zitationsraten, mehr Medienaufmerksamkeit, und mehr Berufs/Förderungs-Chancen führen (McKiernan et al. 2016). Eine offene Herausgabe wissenschaftlicher Ergebnisse ist ausserdem eines der grundlegenden Prinzipien das NachwuchswissenschaftlerInnen ermöglicht, die Qualität ihrer Forschung zu erhöhen und die fehlende Reproduzierbarkeit von Ergebnissen zu minimieren.
Um NachwuchswissenschaftlerInnen in dieser sich schnell verändernden Wissenschafts-Landschaft zu unterstützen, regen wir an, dass Förderanstalten, Universitäten, Abteilungen, und Politiker die folgenden Massnahmen ergreifen und ihre Unterstützung offen bekanntgeben. Wir erachten diese Massnahmen als grundlegend, um es NachwuchswissenschaftlerInnen zu ermöglichen ihre Forschung so erledigen und veröffentlichen können wie es ihnen richtig erscheint: in einer offenen, modernen, und rigorosen Weise. Ein Ausbleiben dieser notwendigen Unterstützung von NachwuchswissenschaftlerInnen, einer normalerweise ungeschützten Gruppe, wird uns davon abhalten, herausragenden Forschungsleistungen zu erzielen und die akademischen Führungspersönlichkeiten der Zukunft zu werden - und damit dem Ansehen der Wissenschaft insgesamt schaden.
Wir rufen alle auf, die diesen Druck spüren sich gegen ethischen Vorstellungen verhalten zu müssen, unserer Initiative beizutreten und die Massnahmen anzukreuzen die sie unterstützen. Wir werden Briefe mit den Namen aller Ko-SignatorInnen, welche die entsprechenden Massnahmen unterstützen, an relevante Personen und Institutionen senden. Unser Fokus ist in erster Linie auf die Presse, PolitikerInnen, Geldgeber, und Universitäten in Grossbritannien gerichtet – aber die Briefe und alle entsprechenden Materialen sind frei verfügbar, um den Start entsprechender Aktionen in anderen Ländern zu ermöglichen. Unser Ziel ist es, dass ein Wandeln in den relevanten Institutionen stattfindet und sich diese aktiv dafür einsetzen, die Bedingungen für NachwuchswissenschaftlerInnen zu verbessern. Aktuelle Neuigkeiten und der Fortschritt unserer Initiative (inklusive der Liste aller Signatoren/innen) sind auf BulliedIntoBadScience.org zu finden.
Der Aufruf
Wir fordern Institutionen und verantwortliche Individuen dazu auf, die folgenden Massnahmen zu ergreifen um NachwuchswissenschaftlerInnen besser zu unterstützen:
- Das Unterschreiben der Declaration on Research Assessment (DORA) als Universität/Forschungseinrichtung/Individuum (wie zum Beispiel die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften), um zu bekunden dass: a) Kriterien zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit von AntragstellerInnen bzw. BewerberInnen/MitarbeiterInnen explizit benannt werden und dabei beachtet wird, dass der wissenschaftliche Gehalt einer Arbeit wesentlich bedeutsamer ist als Publikationsmetriken oder Journal-Namen; und b) neben Publikationen auch den Wert anderer Forschungsergebnisse (Datensätze, Software, Patente…) bedacht wird und ein breiteres, auch qualitatives Spektrum an Impakt-Maßen incl. Einfluss auf Politik und Praxis beachtet wird. Dieses Anerkennen von Forschungsergebnissen im weiteren Sinne sind nicht auf die Naturwissenschaften beschränkt. Durch die zunehmende Einbindung der Analyse von digitalen Daten in allen Wissenschaftsfeldern, inklusive den Geisteswissenschaften und in künstlerischen Fächern, sind der offene Zugang zu Daten und Veröffentlichungen kritischer als zuvor. NachwuchswissenschaftlerInnen profitieren mehr als andere Gruppen davon wenn eine Institution sich zu den Prinzipen in DORA verpflichtet, da auf ihnen ein grösserer Druck lastet in Zeitschriften mit höheren Impakt-Faktoren zu publizieren.
- Die positive Bewertung von Antragsstellern/Kandidaten die sich dafür eingesetzt haben, ihre Forschung öffentlich zugänglich zu machen und die ihre Ergebnisse dort veröffentlichen wo Geldmittel innerhalb der Forschungsgemeinschaft bleiben (den Prinzipien von DORA folgend).
- Das Befürworten von offenen Publikations-Praktiken, mit dem Vorzug von Zeitschriften/Publikationsmodellen die 100% offen sind (siehe https://doaj.org für eine Liste mit komplett offenen, vertrauenswürdigen Zeitschriften) – da diese klare Vorteile für Universitäten und WissenschaftlerInnen bringen: (1) Es verhindert die Überbezahlung von Gebühren wie es bei vielen Hybrid-Modellen passiert, (2) WissenschaftlerInnen behalten die Verwertungsrechte an ihren Leistungen, und (3) NachwuchswissenschaftlerInnen profitieren von der höheren Reichweite, welches zu mehr Zitierungen führt. Diese Aktionen entsprechen den Zielen der Berliner Erklärung und des Projekt Deal der deutschen Forschungseinrichtungen.
- Das Befürworten der Archivierung von bisher unveröffentlichten Artikeln (preprints) auf anerkannten Internetseiten, um die durch Verzögerungen bis zur Publikation entstehenden Karrierenachteile für NachwuchswissenschaftlerInnen zu vermindern (http://asapbio.org; unter Berücksichtigung dass dies in einigen Feldern nicht möglich sein kann). Diese Massnahme ist hochaktuell da mehrere international Förderanstalten es Antragstellern erlauben, solche öffentlich verfügbaren Artikel im Publikationsverzeichnis aufzuführen (siehe http://asapbio.org/funder-policies).
- Das Befürworten, Unterstützen, und aktive Fördern der frei verfügbaren Veröffentlichung von Daten und anderen Forschungsprodukten (wie zum Beispiel Computer-Programme), da dieses ein grundlegender Bestandteil aktueller Forschungspraktiken ist und zu einer erhöhten Wahrnehmung und Nutzung dieser Produkte führt (McKiernan et al. 2016). Diese Massnahme steht im Einklang mit der Berliner Erklärung.
- Das weitere aktive Aufklären aller am Wissenschaftsbetrieb Beteiligten per öffentlicher Stellungnahmen, verpflichtenden Kursen, und Bekanntmachungen über: offene Wissenschaft/Daten/Zugang; existierende Regeln und Verpflichtungen; die verborgenen Kosten des traditionellen Publikationsmodels (z.B. Verzögerungen bis zur Publikation, Kosten per gedruckter Seite und für Farbdruck zusätzlich zu normalen Prozessierungskosten); und wie NachwuchswissenschaftlerInnen vor solchen ausbeuterischen Praktiken bewahrt werden können (z.B. keine Unterstützung eines Hybrid-Models der offenen Publikation da dieses zu überhöhten Kosten führt [Shamash 2016, Pinfield et al. 2015, Solomon & Björk 2016, Kingsley 2016]). Diese Massnahme entspricht den Zielen der Berliner Erklärung.
- Das Erhöhen der Transparenz über die Zahlungen die Forschungseinrichtungen im Rahmen von Publikationen von Forschungsergebnissen tragen (Darstellung der Subskriptions-Kosten für den Zugang zu Zeitschriften und der Kosten bei der Veröffentlichung von Artikeln) – um ein Bewusstsein zu schaffen wie viele staatliche Geldmittel den Wissenschaftsbetrieb verlassen. Eine solche Transparenz kann WissenschaftlerInnen helfen, informierte Entscheidungen darüber zu treffen, wo sie in der Zukunft ihre Ergebnisse veröffentlichen, insbesondere da Geldmittel knapper werden. Diese Aktion entspricht den Zielen des Projekt Deal der deutschen Forschungseinrichtungen.
- Die Änderung des legalen Status von NachwuchswissenschaftlerInnen, so dass diese aktive, stimmberechtigte Mitglieder ihrer Institutionen werden. Eine solche Änderung wird zu einer Erhöhung der Vielfalt unter den Mitgliedern führen, und dazu dass die Bedürfnisse und die Erfahrung mit modernen Herangehensweisen dieser bisher marginalisierten Gruppe in Entscheidungen repräsentiert werden. Eine Ausweitung auf unterschiedliche Karrierestufen wird zu erhöhter Effektivität von entscheidungsberechtigten Gremien führen, insbesondere in zukunftsrelevanten Themen (Roberge & van Dick 2010). Eine solche Änderung wird auch zu erhöhter Geschlechtergleichheit in entscheidungsfindenden Gremien führen: bei NachwuchswissenschaftlerInnen ist eine Ungleichheit im Geschlechterverhältnis deutlich weniger stark ausgeprägt, und die aktive Einbindung von Frauen verbessert Möglichkeiten beim Karrierefortschritt und führt zu einem Kulturwandel der die Förderung von Diversität voranbringt. Diese Änderung wird die Arbeitsbedingungen von WissenschaftlerInnen verbessern, wodurch diese eine bessere Qualität in ihrer Forschung erzielen können. Diese Massnahme entspricht den Grundlagen-Prinzipien der DFG.
We would like to acknowledge Dr Dieter Lukas for the translation and Dr Claudia Wascher for the editing of the BulliedIntoBadScience letter into German.